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Radtour Bad Sooden-Allendorf - Aue (321 km)
19.,24.-26.5.2001

1.Etappe: Bad Sooden-Allendorf - Treffurt (47 km) - Pedalbruch

Zur Geschichte dieser Tour: Das Fortuna-Spiel in Aue wollte ich auf jeden Fall besuchen. Dummerweise war es ursprünglich auf einen Sonntag terminiert, so dass eine wie auch immer geartete Rückfahrt mit Bahn & Rad unmöglich gewesen wäre. Außerdem hätte ich ja nun irgendwo starten müssen, wo ich schon mal war. Außer Bad Sooden-Allendorf, mindestens 280 nicht gerade ebene Kilometer vom Erzgebirge entfernt, fiel mir da nichts ein. Dann wurde das Spiel doch auf den Samstag gelegt, und der Freitag war auch Brückentag. Sollte ich nicht...? Ich sollte! Und das Wochenende davor war dazu gedacht, schon einmal möglichst viele Kilometer vorzulegen, so dass ich ggfs. erst freitags zum zweiten Teil dieser Tour aufbrechen musste. Aber erstens kommt es anders,...

Das begann schon einmal damit, dass ich bereits auf der Hinfahrt zur Werra bemerkte, dass meine Bremsen kaum mehr in der Lage sein würden, die nächste Abfahrt zu überleben. Einizige Lösung: Irgendwo auf der Strecke mussten neue Bremsbeläge drauf. Das ging auch, weil in Paderborn eine Fahrradstation mit Reparaturservice ist. Das kostete zwar eine Stunde, aber bis Eisenach würde ich es wohl schaffen.
Es war schon Nachmittag, als ich dann in Bad Sooden-Allendorf ankam. Bis Eschwege ging dann auch alles ganz gut. Die Stadt der fleißigen bierchen.de-Abstimmer, deren Forum ich häufiger mal besuche, umrundete ich mehr oder weniger und wartete sehnsüchtig auf die Thüringer Landesgrenze bei Treffurt, immer an der Werra entlang. In Treffurt war es Zeit für die erste Pause. An einer Tankstelle lief gerade die Radiokonferenz des letzten Bundesliga-Spieltages, der ich dann ein paar Minuten zuhörte. Nach einem "Tor für Bayern" (Janckers nicht gegebener Abseitstreffer, das erfuhr ich aber erst abends) wollte ich die Werra verlassen - zwischen Creuzburg und Treffurt macht sie einen größeren Bogen - aber die Werra ließ mich nicht los. Ich war vielleicht zwei Kilometer unterwegs, da löste sich die rechte Pedale. Samstag Nachmittag. 24 km bis Eisenach, mindestens 20 km bis zum nächsten Bahnhof. Jeder Fahrradhändler montiert in wenigen Minuten eine neue Pedale - aber wo soll man Samstag Nachmittag einen Fahrradhändler auftreiben? Und wie sollte ich von Treffurt-Schnellmannshausen wieder weg kommen? Ein zum Fahrradtransport eigentlich völlig ungeeigneter Linienbus nahm mich mit nach Eisenach. Von da aus ging es allerdings nicht mehr weiter, ich musste übernachten, konnte mir die Stadt aber auch in Ruhe ansehen und im gemütlichen Hotelzimmer Bundesliga gucken.

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2.Etappe: Treffurt - Erfurt (98 km) - Bis ans Ende der Kraft und weiter

Jetzt war allerdings guter Rat teuer. Die Tour da fortsetzen, wo ich sie begonnen hatte. An sich schon, in 2½ Tagen müssten 250 km (grobe Schätzung) ja drin sein. Nur: wie sollte ich bitte schön nach Treffurt kommen, wenn der nächste Bahnhof Ewigkeiten erntfernt liegt. Eine Anfrage auf eschwege.de, ob man im Werratal denn Fahrräder im Linienbus transportieren kann, blieb erfolglos. Und wenn ich in Eschwege starten würde, hätte ich am Vorwochende gerade 15 km gut gemacht. Weitere Anfragen unter Fortuna-Fans, ob mich jemand auf dem Rückweg mitnehmen könne, so dass ich einen Teil der Strecke nach dem Spiel gefahren wäre, brachten auch nichts. Also: Augen zu und durch. Der Interregio nach Kassel war längst ausgebucht (Kunststück: langes Wochenende), der Regionalexpress Hagen-Kassel musste vier Mal (!!) so viele Fahrräder mitnehmen wie vorgesehen (fast alle wollten am langen Wochende den Weser-Radweg fahren).
Wie auch immer, ich kam in Eschwege West an, fuhr gemütlich in den Stadtkern und wartete auf den Linienbus nach Treffurt, der eigentlich nur ein Neunsitzer war. Aber: mit Ladefläche im Kofferraum, auf die mein Rad passte. Und da ich vom Vorwochenende wusste, dass die Strecke nach Creuzburg zwar ein paar Steigungen hat, diese aber nicht schlimm sind, fuhr ich ziemlich guter Laune los. Dass ich in Creuzburg den offiziellen Werra-Radweg nach Hörschel verpasste und 3 km über eine Buckelpiste fahren musste, war nicht schön, ging aber. Vorbei am Beginn des Rennsteigs ging es nach Eisenach, wo es ziemlich warm geworden war. Ich wäre schön glücklich gewesen, wenn ich problemlos nach Gotha gekommen wäre. So viel hatte ich ja auch noch nicht geleistet. Aber dann: Die Bundesstraße führt entlang der Hörsel, das allerdings in so gebührendem Abstand, dass es trotzdem ständig auf und ab ging. Und da ich seit 6 Uhr auf den Beinen war und die Zugfahrt alles andere als erholsam war, schlief ich bei der nächsten Pause, noch vor Gotha, erst einmal ein. In Gotha suchte ich dann, am Ende der Kräfte, die Jugendherberge, die allerdings Anfang des Jahres geschlossen wurde. Ein Blick auf das verfallene Gebäude sagte mir, dass das auch wohl besser so war. Und nun? Die Strecke nach Erfurt wurde mir als flach beschrieben. Also ein Anruf bei der Herberge in Erfurt, ob noch Platz wäre (war auch), und dann noch einmal 24 km mit vorsichtiger Kräfteeinteilung. Völlig erschöpft und ohne jede Kraft, mir noch die Stadt anzusehen, kam ich in Erfurt an. Dort traf ich dann allerdings in der Herberge Bekannte aus Düsseldorf. Trotzdem suchte ich nur noch den Weg ins Bett, völlig k.o. Dabei hatte ich doch gar nicht so viel getan...

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3.Etappe: Erfurt - Ronneburg (112 km) - Ballaststoff(e)

Besonders optimistisch war ich nicht, als ich weiter Richtung Ostthüringen aufbrach. Dadurch, dass ich relativ früh startete, hoffte ich zwar, der Sonne etwas aus dem Weg zu gehen (es war 25-30° warm, also eigentlich nicht weiter schlimm, wenn mein Körper nicht noch an 10-15° gewöhnt gewesen wäre), aber das Höhenprofil ermutigte mich nun wirklich nicht. Die erste Station sollte in Weimar sein. Das ging auch noch relativ glatt, mal von einer recht seltsamen Umleitung auf halber Strecke abgesehen. Weimar werde ich mir noch einmal in Ruhe ansehen, aber der erste Eindruck hat mir gefallen. Die Strecke war teilweise wegen Bauarbeiten gesperrt, einzige Ausweichroute war ein ziemlich übler Feldweg. Nach der schönen Abfahrt durch das Mühltal wartete Jena auf mich. Dass Lobeda relativ hässlich ist, weiß man ja. Aber mit der Innenstadt konnte ich auch nicht viel anfangen. Zumal der Radweg nach Lobeda relativ steil und rätselhaft am Hang lang führte und es von Lobeda aus auch nicht ganz einfach war, mein Lieblings-McDrive (bereits mein 3.Besuch dort) zu finden.
Nach dem Essen sollte man ruhen - ich fuhr noch nach Stadtroda weiter, rief (mal wieder relativ erschöpft) so ziemlich sämtliche Bekannten an (auch ein Mittel, sich zu einer längeren Pause zu zwingen...), zog endlich meine lange Hose aus (und das nur, weil ich meine Wertsachen möglichst nahe am Körper tragen wollten. Idiotisch, so was.) - und siehe da, der Anstieg zum Hermsdorfer Kreuz wurde plötzlich machbar. Gera erreichte ich dann tatsächlich ohne weitere Schwierigkeiten und war eigentlich auch schon ganz glücklich - nur noch 10 km, wenn auch erst einmal bergauf. Auf dem Anstieg nach Ronneburg sprang mir zuallererst mal die Kette ab. Glücklichweise nur dieses eine Mal. Dann, kurz vor dem Ziel, auch mal ein schönes Erlebnis: Ein PKW-Fahrer machte mir Mut für die letzten 1000 Meter bis zur Höhe, anstatt mich wie viele seiner Kollegen in den Straßengraben zu hupen. Am Ende des Tages war ich wieder müde, aber schon wesentlich glücklicher. Ich quartierte mich für zwei Nächte im Schützenhaus ein und war sicher, mit leichtem Gepäck ohne größere Probleme nach Aue zu kommen.

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4.Etappe: Ronneburg - Aue (64 km) - Lance fährt auch im Stehen

Soll man einer Stadt vertrauen, die vom Uranbergbau lebte und kürzlich wegen Jugendstraftaten in die Schlagzeilen gekommen ist? Ich tat es und ließ mein Rad über Nacht draußen stehen. Nie wieder. Am nächsten Morgen war mein Sattel weg. Es gab jetzt zwei Möglichkeiten: Warten, bis der Fahrradladen öffnet (eine Stunde) oder im Stehen bis zum nächsten größeren Ort fahren. Wer mich kennt, ahnt es: Ich habe mich für die zweite Variante entschieden. Was am Anfang nach Quälerei roch, stellte sich später als Übungssache heraus: Pünktlich zum ersten verzeichneten Anstieg hatte ich den Rhythmus raus. Und pünktlich zum ersten heftigen Anstieg in Werdau hatte ich einen neuen Sattel. Dass das Radsportgeschäft in Werdau so hieß wie der Sänger des Fortuna-Europacup-Songs, wertete ich als gutes Omen. So überlebte ich dann auch Kombination Kopfsteinpflaster + 10%-Steigung und fühlte mich in Zwickau noch recht entspannt. Ab hier hätte ich halbwegs steigungsarm entlang der Mulde nach Aue fahren können. Und wieder spielte ich den Bekloppten und nahm die kürzere, aber steile Variante über Schneeberg, das nicht zu Unrecht Bergstadt heißt. Die angedrohte Schlussteigung von Aue zum Stadion konnte mir tatsächlich auch nichts mehr anhaben, und es gab tatsächlich immer noch einige Fortuna-Fans, die einfach nicht glauben konnte, dass da ein Düsseldorfer mit dem Rad... auch wenn ich ja in dieser Woche nur die Hälfte der Strecke gefahren war.
Über das Spiel (0:2) brauchen wir keine weiteren Worte mehr zu verlieren. Vor lauter Sonnenbrand habe ich ohnehin nicht mehr viel mitbekommen. Am Abend in Ronneburg habe ich dann noch einiges über das Sandmännchen erfahren und ein gutes Fußballspiel, nämlich das DFB-Pokalendspiel, gesehen.

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